Von der Antarktis verschwinden schon jetzt in jeder Sekunde 38.000 Tonnen Eis im Meer. Auch deshalb, weil sich Deutschland beim Klimaschutz zurückfallen ließ. Das britische Unterhaus hat im Mai 2019 einen Umwelt- und Klimanotstand ausgerufen.
Das geschah nach mehr als zehntägigen Protesten der Klimaschutzbewegung „Extinction Rebellion“ (englisch für Rebellion gegen das Aussterben). In Deutschland bestimmten leider Kräfte den Kurs, für die Umsätze, Kapitalerträge und Marktmacht an erster Stelle stehen. Diese Kräfte werden von der herrschenden Lehre der Wirtschaftswissenschaft unterstützt, die für die Wirtschaft freie Fahrt fordert und den Staat zum Butler der Wirtschaft herunter stuft. Dadurch werden international agierende Konzerne die eigentlichen Herrscher.
Als Gegenleistung gibt es Arbeitsplätze und Exportüberschuss. Wird der Staat dagegen aufmüpfig, wandern Kapital und Arbeitsplätze in andere Länder ab. Deutschland errang durch ein enges Bündnis des Staates mit der Wirtschaft eine wirtschaftliche Vormachtstellung. Sein enormer Exportüberschuss schafft einen jährlichen Gewinn für das Land von 200 Milliarden Euro und zusätzliche Arbeitsplätze. Zudem legen internationale Investoren ihr Geld gerne in Deutschland an.
Diese Politik bringt aber andere Länder in Arbeitslosigkeit und Verschuldung. Und das vorherrschende Staatsziel Förderung der Wirtschaft lässt wenig Raum für Soziales und Umweltschutz. Die sozialen Defizite werden in Deutschland noch halbwegs kompensiert durch das große Angebot an Arbeit. Aber das ökologische Defizit zeigt schon katastrophale Folgen. Kamen in andern Ländern die regierenden Parteien meist verheerend unter die Räder, erleben sie jetzt auch in Deutschland eine beängstigende Erosion.
Es ist also höchste Zeit für die Politik, der Herrschaft der neoliberalen Wirtschaftslehre ein Ende zu setzen. Die Kausalkette, die die Menschheit bedroht, hat etwa folgendes Aussehen: Neoliberale Wirtschaftslehre → Alleinherrschaft der Märkte → ruinöses Wettrennen zwischen den Ländern um Marktanteile und Investoren. Bei diesem Wettrennen überwog zwar anfänglich das win-win- Prinzip. Doch heute erzeugt es immer mehr Verlierer und Flüchtlinge und wenige Super- Gewinner. Außerdem gerät bei diesem Wettrennen – anstatt staatlicher Kontrolle und internationaler Brüderlichkeit – der Klimaschutz ins Abseits.
1945 war die deutsche Industrie weitgehend zerstört und brachte doch bald danach das Wirtschaftswunder zustande. Da versteht niemand, warum es unmöglich sein soll, in zehn Jahren von der Kohle auf erneuerbare Energien umzusteigen. Verteidigt sich die deutsche Politik nun gegen die deutliche Kritik von Rezo mit der Notwendigkeit, auf wirtschaftliche Zusammenhänge, Arbeitsplätze usw. Rücksicht nehmen zu müssen, liegt sie voll daneben.